Insekten essen: Jetzt kommt das Buch!
Ich habe das Glück, an einem Buch über Insektenküche mitzuarbeiten als redaktionelle Supporterin. So erhalte ich spannende Einblicke ins Thema. Gestern luden die Macher zum Presselunch im Maison Manesse in Zürich. Natürlich inklusive Sechsbeiner.
Heuschrecken, Grillen, Mehlwürmer. Die meisten von Euch werden das noch nie verspeist haben. Wir sind definitiv kein Volk von Entomophagen, also Insektenessern. Grund dafür ist einerseits, dass Insekten bei uns im Verkauf gar nicht erlaubt sind. Der andere Grund ist ein kultureller. Foodhistoriker Dominik Flammer hat sich für das neue Buch mit dem Thema auseinandergesetzt und für Europa «sehr wenige Berichte über Speiseinsekten gefunden», wie er am Presselunch erklärte. Er ortet einen Grund dafür in der christlichen Religion, «die biblische Heuschreckenplage ist prägend für uns», sagte er.
Die Macher von Essento, einem Schweizer Startup, möchten Speiseinsekten auf Schweizer Teller bringen. Aktuell ist es hierzulande verboten, Insekten als Lebensmittel zu verkaufen; voraussichtlich per 2017 wird es eine Gesetzesanpassung geben. Essento macht sich seit Jahren stark für das Thema. Nun haben die Macher auch ein Kochbuch in Vorbereitung. Mit einfachen Rezepten möchten sie dazu inspirieren, Heuschrecken, Grillen, Mehlwürmer in der heimischen Küche auszuprobieren. Und: Experten erklären im Buch, das im Herbst 2016 erscheint, Hintergründe, erzählen, wie ihr erstes entomophagisches Mahl war, rechnen vor, warum Insekten ökologischer sind als etwa Rindfleisch.
Zudem steuern eine Handvoll Spitzenköche ihre Insekten-Kreationen bei. Unter anderem eben Fabian Spiquel vom Maison Manesse. Oder Cornelius Speinle vom Restaurant Dreizehn Sinne. «Ich habe in Asien gelebt und dort auch mit Insekten gekocht», sagt er. «Oft wurden sie in Gewürzpasten verarbeitet – das habe ich als Inspiration für mein Rezept im Buch genommen.»
Weil das Essento-Kochbuch noch nicht ganz finanziert ist, haben die Macher vor einer Woche ein Crowdfunding auf Wemakeit gestartet – wer sich also ein Buch sichern will, kann das dort bereits jetzt machen. Oder sich auch ein Belohnungspaket schnappen, bei dem eine Insektenlieferung inklusive ist.
Ich habe nun schon mehrmals Insekten verspeist. Immer in Gesellschaft, ein wichtiger Aspekt. Denn dann, das wird man auch im Buch erfahren, verlieren die Insekten das gruslige, werden zu einem normalen Lunch, zu einem Dinner wie viele andere. Geschmacklich sind Heuschrecken, Grillen, Mehlwürmer tatsächlich sehr normal. Die drei Insektenarten, die hierzulande voraussichtlich ab 2017 legal erhältlich sein werden, haben wenig Eigengeschmack. Gegrillte Heuschrecken und Grillen etwa haben etwas von Geflügel. Mehlwürmer geben einer Suppe, einem Püree eine ganz feine, nussige Note. «Natürlich existieren kulinarisch viel spannendere Insekten», sagt Christian Bärtsch von Essento. Und nennt den thailändischen Wasserkäfer, der in Currywürzpasten verarbeitet wird, und die Honigtopfameise aus Australien, die tatsächlich nach Honig schmeckt. Soweit sind wir nicht – denn diese entomophagischen Delikatessen werden auch nach der voraussichtlichen Gesetzesanpassung hierzulande nicht verkauft werden dürfen.
Wir müssen uns also mit den etwas unspektakuläreren Arten zufriedengeben. Trotzdem lohnt sich der Versuch. Denn: Wer sich auf Neues einlässt, schult seine Sinne. Und das empfehle ich jedem. Ob wir dann in grossem Stil Insekten verspeisen werden, wird sich zeigen.
