Test: Spargeln aus Reichenau – und ein Spargelrestaurant im Züribiet

Wir kennen die Grünen. Die Weissen. Und auch die Violetten, die roh genossen werden. Aber grüne Spargeln, die als weisse getarnt sind? Waren mir bislang nicht bekannt. Bis mich Fotograf Sylvan Müller auf die Spargeln von Gian-Battista von Tscharner, Schlossherr in Reichenau, aufmerksam machte. Das, sagt Sylvan, seien die besten überhaupt. Und am allerbesten seien übrigens die Reichenauer Spitzen.
Superlative über Superlative – die ich nun einem sehr subjektiven Test unterzogen habe.

Am Wochenende ging ich Spargeln vorkosten, im Restaurant «zur Trotte» in Berg am Irchel, im Nachbardorf von Flaach (Flaach ist DIE Zürcher Spargelhochburg). Jakob und Rosanna Baur öffnen ihr Restaurant nur in der Spargel- und Wildzeit.  Auf den Tisch kommen Spargeln aus Eigenanbau. Hausgemacht sind hier auch der Wein, das Brot, das Bier. Und es gibt Meringues aus dem Holzofen. Die weissen Spargeln servieren die Baurs mit Butter, mit Mayo oder mit Hollandaise. Überflüssig zu sagen: selbstgemacht. Das Lokal war ensprechend der Qualität des Essens rammelvoll. Und ich empfehle es euch – falls Ihr einfach mal wieder Lust habt auf eine schöne, gepflegte Landbeiz.

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Das Restaurant «zur Trotte» in Berg am Irchel – eine Landbeiz, wie man sie sich wünscht.

Aber zurück zu den Superlativen. Die Reichenauer Spargeln kann man bei den von Tscharners telefonisch bestellen. Sie werden gestochen und anderntags per Post an die Haustür geliefert. Wer schlau ist, nimmt gleich noch ein paar Flaschen Wein dazu, denn das Weinmachen ist von Tscharners eigentlicher Beruf.

Und wie schmeckten nun die Spargeln aus dem Bündnerland? Also, die Spitzen habe ich einmal einige Minuten vorgekocht und dann in Butter sautiert. Einmal grad roh in Butter sautiert, ohne Vorkochen. Beide Male ein Hochgenuss. Zart. Null Bitterstoff. Schälen musste ich nix, denn die von Tscharners schneiden die Spitzen, bevor der Rest der Spargeln aus dem Boden ist.

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Spargelspitzen und Spargeln aus Reichenau, frisch von der Post geliefert.

Die Spargelstangen, weiss mit leicht gelb-grünlicher Färbung, kochte ich wie üblich mit Salz und etwas Zucker. Ich mag sie, anders als wohl die meisten von euch – weich gekocht. Auch die Stangen hatten kaum Bitterstoffe, waren äusserst zart. Sie schmecken weniger Weissspargelig als die klassischen weissen Spargeln. Wahrscheinlich deshalb, weil sie von Tscharner  einfach aus dem Boden wachsen lässt, also keine Dämme macht – so können die Spargeln ohne Widerstand gedeihen und entwickeln wenig Bitterstoffe. Damit die Spargeln trotzdem weiss bleiben, deckt sie von Tscharner mit schwarzer Folie ab. Es ist also quasi Grünspargel ohne Chlorophyll.

Das ist wohl auch der Grund, warum ich Erstaunliches erlebte. Das kam so: Vor lauter verschiedener Zubereitungsarten vergass ich, die weissen Spargeln zu schälen. Was dem Genuss aber keinen Abbruch tat.  Die Schale war etwas fester als die von grünen Spargeln, aber nicht störend (natürlich auch,weil ich die Spargeln eher lang koche).

Also, und wer macht nun die besten Spargeln? Die aus Reichenau vom Weingut von Tscharner sind definitiv einmalig. Und eine Delikatesse, die ich so noch nie hatte. Die Spargeln in der Trotte in Berg am Irchel entsprechen derweil einem sehr guten, frischen klassischen Spargel. Empfehlen kann ich beide – jetzt und noch bis Ende Juni.

Und eine Spargel-Rezept-Inspiration gibt es übrigens hier von Spitzenkoch Karl Baumgartner aus dem Südtirol.