Claudio Del Principes neues Buch: «Die Amalfiküste hat mich überrascht»

VON GASTAUTORIN NICOLE – Claudio Del Principes leidenschaftliche Hingabe zu gutem Essen ist grenzenlos und wird neben den regelmässigen Beiträgen auf seinem Blog anonymekoeche.net auch in seinen Kochbüchern gepflegt. Mit seinem dritten Kochbuch «Ein Sommer wie damals» nimmt uns Claudio del Principe mit in die Sommerferien nach Italien.

Der Texter aus Basel reiste ins Land seiner Eltern und brachte für sein Buch nicht nur Rezepte mit, sondern auch Geschichten übers Essen. Ich habe mich bei Espressi im Basler Café Zum Kuss mit ihm über sein neues Buch unterhalten.

Principe
Claudio Del Principe in Italien.

 

Es gibt eine gefühlte Million italienischer Kochbücher. Weshalb braucht es jetzt noch eines?

Claudio Del Principe: Genauso gut könnte man fragen: Warum schreibt jemand einen Liebesroman, es gibt doch schon so viele? Italienische Gerichte gehören nun mal zu den beliebtesten weltweit. Im Buch erzähle ich vom Wesen der Dolce Vita, fange die einzigartige Stimmung in Italiens Regionen ein und rufe Erinnerungen wach. Ich fahre jedes Jahr nach Italien, aber ich entdecke immer wieder unbekannte Produkte und Rezepte.

Was für Rezepte hast Du dokumentiert?

Claudio Del Principe: Das Buch umfasst eine reiche Sammlung an Sommergerichten. Neben den Klassikern verrate ich auch eher unbekannte Rezepte, wie zum Beispiel die Focaccia di Recco, eine lokale Spezialität von der ligurischen Küste. Dünner und knuspriger geht es kaum, und im Innern versteckt sich zartschmelzender Stracchino-Käse. Oder auch solche, die man Zuhause nicht unbedingt nachkochen kann, wie die Carratelli mit wildem Spinat. Das sind für mich Sehnsuchts-Rezepte, die man sich aufspart, bis man eines Tages nach Italien fahren und sie selbst entdecken und geniessen kann.

Dein Buch ist aber nicht nur ein Kochbuch, sondern auch eine Reise durch verschiedene Feriendestinationen Italiens. Wie ist daraus ein Buch entstanden?

Claudio Del Principe: Ich war insgesamt in vier Etappen in Italien. Es gab ein paar fixe Punkte auf der Route, aber meistens bin ich meinem Instinkt gefolgt, habe mich treiben lassen und vor allem: Mich mit Menschen unterhalten, die mir Tipps und Adressen gegeben haben. In Venedig zum Beispiel haben mich zwei Gondolieri aus der Stadt hinausdirigiert auf die Fischerinsel Pellestrina, wo es in einem kleinen Familienrestaurant „Da Memo“ nur tagesfrischen Fisch in unglaublich guter Qualität gibt. Solche Porträts und Geschichten findet man im Buch.

Welche Region hat dich am meisten überrascht?

Claudio Del Principe: Meine Reise im September an die Amalfiküste. Ich fuhr mit der Erwartung, es sei völlig touristisch und überlaufen. Doch ich habe mich Hals über Kopf verknallt. Es gibt viele traditionelle Familienbetriebe, die handwerklich arbeiten, verträumte Fischerorte und wenig bekannte Spezialitäten. Und dann dieses Fünfzigerjahre-Film-Flair! Die Orte und Landschaften sind wirklich atemberaubend schön (wir schauen uns unter grossem „Oh“ und stillen Seufzern die Bilder im Buch an).

Amalfi
Das Fischerdorf Cetara an der Amalfiküste. Foto: Claudio Del Principe

Wie schon im letzten Kochbuch „Italien vegetarisch“ bleibst du auch in diesem Buch deiner Linie treu. Die Rezepte beschränken sich auf wenige, aber dafür hochwertige Zutaten. Was rätst du den Hobbyköchen beim Einkauf der Lebensmittel?

Claudio Del Principe: Kauft direkt bei kleinen Erzeugern ein, die sich ihrer Region verpflichtet fühlen, und redet mit den Leuten! Das mache ich selbst in Italien so. Beim Fischhändler lag zu 90 Prozent importierte Ware auf. Als ich den Händler nach lokalem Fang fragte, verwies er auf die Meeräsche und verriet mir das Rezept seiner Frau. Der Kontakt mit Menschen, die eine Geschichte zu ihren Produkten erzählen können, macht das Essen, egal wie simpel, zu etwas Besonderem.

Was glaubst du, können die Schweizer von den Italienern lernen?

Claudio Del Principe: Die Einfachheit. Dass geschmacklicher Reichtum entsteht, wenn man Zutaten weglässt. Häufig sind Hobbyköche überambitioniert; werfen dieses und jenes in den Kochtopf. Im Buch findet man grandiose Rezepte mit lediglich zwei Zutaten. Aber sobald man anfängt, die Zutaten beliebig auszutauschen, raubt man dem Rezept die Seele und bringt sich um den einzigartigen Genuss. Für Bigoli mit Sardellensauce benötigt man neben der Pasta nur eingelegte Sardellen, Zwiebeln und etwas Olivenöl – wobei Letzteres nicht zählt. Olivenöl braucht der Italiener wie die Luft zum Atmen. Es ist ein aufs Minimum reduziertes Rezept für diejenigen, die den Genuss des Einfachen zu schätzen wissen.

Rezept Bigoli con salsa (Bigoli mit Sardellensauce)

Bigoli

Zutaten für 4 Personen

400 g in Salz eingelegte Sardellen
200 g weisse Zwiebeln
8 EL Olivenöl extra vergine
400 g Bigoli*

Zubereitung

Sardellen unter fliessendem Wasser von Salz befreien, Mittelgräte unter Schwanzflosse entfernen. Zwiebeln schälen und in dünne Ringe schneiden.

Olivenöl und Zwiebeln in eine kalte (!) Bratpfanne geben. Die Zwiebeln sollen langsam bei milder Hitze weichgeschmort werden und keinesfalls bräunen. Das braucht gute 20 Minuten. Falls nötig, 1 Schluck Wasser dazugeben, damit sie weich bleiben und nicht ansetzen. Auf diese Weise werden sie unglaublich süss, was der Sauce mit den salzigen Sardellen ihren unverwechselbaren Charakter gibt.

Sardellen zu den Zwiebeln geben, vermengen und etwa 10 Minuten köcheln, bis sie sich vollständig aufgelöst haben. Nudeln in siedendem Wasser (ohne Salz) bissfest kochen. Abseihen und dabei etwas Pastawasser zur Sauce geben und gut durchschwenken. Auf Tellern anrichten.

*Bigoli sind dicke Spaghetti mit rauer Oberfläche. Ursprünglich aus Buchweizen, werden sie heute häufig aus Hartweizen und Wasser hergestellt.
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Dieses Rezept ist erschienen im Buch

Ein Sommer wie damals. Von Claudio Del Principe. Christian Brandstätter Verlag, 2016

 

 

 

 

 

 

 

 

Über die Autorin

nicole

Nicole schreibt seit bald zwei Jahren den Foodblog zumfressngern.ch. Ihr Fokus liegt auf regionalen Produkten und Nose to Tail.