Leaf to Root, oder wie man Gemüse von Blatt bis Wurzel isst – eine Aktion von waskochen.ch
Nils Osborn vom Restaurant Quai 61 kocht Konfitüre aus Kartoffelschalen. Kevin Ashbrook vom Restaurant Nachtjäger ein Pesto aus Karottengrün. Und Fergus Henderson, der englische Meisterkoch und Guru der Nose-to-Tail-Bewegung, demonstriert, was man mit Radieschenblättern anstellen kann. Willkommen bei unserer Aktion Leaf to Root, die wir heute initiieren. Wir gehen der Frage nach, warum wir viele Gemüseteile einfach wegwerfen. Und vor allem: Wie man sie kochen kann. Nicht nur aus ökologischen Gründen. Nein, wir wollen Euch und uns auch neue Geschmackserlebnisse bescheren!
Bei Spitzenköchen finden ungewöhnliche Gemüsestücke immer wieder auf die Teller. An der Chefalps in Zürich, der jährlichen Konferenz für Avantgardeküche, etwa erzählte 2013 Heinz Reitbauer vom Steierereck in Wien von Artischockenstängeln: «Bei einem Betriebsausflug zum Bauern sahen wir die ungenutzten Stängel auf dem Feld und nahmen sogleich welche mit, die wir verkochten.» Heuer wiederum präsentierte an der ChefAlps sein Landsmann Andreas Döllerer eine Kreation mit den Wurzeln von Kapuzinerkresse, die er zu roh mariniertem Fisch serviert.
Food-Waste-Petition vom WWF
Wieso sich also nicht mal eingehender mit dem Thema beschäftigen? Wieso nicht mal Blätter oder Wurzeln verkochen, die man oft einfach entsorgt? Um neue Aromen zu entdecken. Aber auch, um sich mal bewusst zu werden, warum wir eigentlich so viele Lebensmittel oder Teile davon wegschmeissen. Anstoss, die Leaf-to-Root-Aktion grad jetzt zu starten, gab schliesslich die Unterschriftensammlung vom WWF für die Foodwaste-Petition, die derzeit läuft (bis 8. Dezember, hier unterschreiben). Sie verlangt, dass die Schweiz Ziele festlegt, wie die Lebensmittelverschwendung reduziert werden kann. Vorausgegangen ist eine Studie vom WWF, die etwa ermittelt hat, dass zwei von drei produzierten Kartoffeln gar nie auf unserem Teller landen. «Food Waste passiert in der ganzen Lebensmittelkette», sagt dazu Corina Gyssler, Kommunikationsbeauftragte vom WWF. «Sei es beim Produzenten auf dem Feld oder im Detailhandel. Und: 45 Prozent Food Waste passiert im Haushalt.»
Was tun als Privatperson? Vielleicht erst mal in den Kühlschrank gucken, wenn man was kochen will. Oder: «Auch mal auf Sonderangebote wie 3 für 2 verzichten, wenn es um leicht verderbliche Lebensmittel geht», empfiehlt Gyssler. Und wir empfehlen: Probiert es mal mit Leaf-to-Root, und wenns nur ein Gedankenanstoss ist. Ziel ist natürlich, dass die Rezepte, die wir hier präsentieren, auch schmecken und euch neue Geschmackserlebnisse bescheren.
Spitzenköche stellen sich für waskochen.ch am Herd
In einem ersten Schritt fragen wir von waskochen.ch die Profis, was sie denn mit Gemüseteilen, die wir sonst eher wegwerfen, alles so anstellen. Die Restaurants Quai 61 und Nachtjäger, beide in Zürich, sagten sofort zu, beim Start der Aktion mitzumachen. Und dann konnte ich auch noch den englischen Starkoch Fergus Henderson kurz befragen zum Thema, als er neulich im Restaurant Alpenrose in Zürich zu Besuch war. Mit seinem Buch Nose to Tail hat Henderson einen Meilenstein gesetzt und der Bewegung, die verlangt, dass Tiere vom Schnörrli bis zum Schwänzli verzehrt werden, einen Namen gegeben. In seinem Buch präsentiert er aber auch ausgezeichnete Gemüserezepte, etwa eines für den Leaf-to-Root-Radieschenverzehr, bei dem das Grün zu einem Salat wird. Für unsere Aktion hat er das auch in einem Film demonstriert.
Nils Osborn vom Quai 61 kochte für uns mit Kartoffelschalen eine Konfitüre, die er zu Kartoffel-Doughnuts serviert. Ich bin nachhaltig betört von diesem wunderbaren Geschmack. Bei unserem Termin im Quai 61 gab mir Nils gleich noch ein Tipp, wie er Kartoffelschalen sonst auch noch verwendet: anrösten in Öl, dann in der Milch für Kartoffelstock mitkochen (gibt dem Püree ein feines Röstaroma).
Kevin Ashbrook vom Nachtjäger nahm sich für unsere Leaf-to-Root-Aktion das Rüebli vor. Beziehungsweise konnte er ein Rezept zücken, das er diesen Herbst auf der Karte hatte: nämlich geschmorte Karotten mit einem Pesto aus Karottengrün auf Randen-Couscous. Jann Hoffmann vom Partnerrestaurant Café Boy stand mit ihm in der Küche und führte zum Thema grad noch aus, dass einer seiner Köche vegan sei und das Karottengrün stets nach Hause nehme, für Smoothies. Das Grün wird für Smoothies, wie auch in Kevins Rezept, kurz blanchiert. An der Nachtjäger-Kreation gefallen uns alle Komponenten. Insbesondere schön sind die ganzen, mit Fenchel und Koriander-Samen aromatisierten Karotten, die der Koch erst anröstet und dann im Ofen schmort – eine wunderbare Zubereitungsart.
Für Köche wie Nils, Kevin und Jann ist klar: Nach Möglichkeit verwenden sie Gemüseabschnitte. Etwa für Fonds. Allen gefällt die Leaf-to-Root-Idee und sie sehen sie als kreative Herausforderung. «Kommt unbedingt im Sommer nochmals», sagt Nils Osborn. «Ich habe Daheim einen Balkon, auf dem viel Gemüse wächst, von dem man alles verzehren könnte.» Machen wir gerne.
Alle Beiträge zur Aktion Leaf to Root findet ihr hier.
Wir freuen uns auf einen regen Austausch mit Köchen, und mit euch, den Usern. Input an esther [at] waskochen [dot] ch
Leaf to Root in der Metzg von Marlene Halter
17. Februar 2016 @ 11:00
[…] Mittags und abends kocht Marlene in der Metzg. Stets frisch. Mittags auch Takeaway. Wir bestellten bei unserem Besuch Markknochen, Spareribs, Kalbskopf – alles prima. Besonders angetan hat es uns allerdings das Gemüse. Der gebratene Rosenkohl mit den Sardellen schmeckte kräftig und eigenständig. Und: Die Schwarzwurzel mit Orange war einfach superbe. Übrigens waren die Wurzeln mit Schale verarbeitet. Ha, und da denke ich natürlich sofort an Leaf to Root. […]
Gitzi mit Bärlauch und Kartoffeln
13. März 2016 @ 19:01
[…] Als kleine Leaf-to-Root-Inspiration: Kartoffelschalen mit Olivenöl und Salz vermengen, in eine Gratinform geben und […]