Leaf to Root auf portugiesisch

João Almeida ist Mitgründer von Foodwaste.ch. In Portugal entdeckte er ein Kochbuch mit vielen Leaf-to-Root-Ideen*. Für uns Anlass zu schauen, wie es in Portugal steht um das Gemüse und die Gesamtverwendung.

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João Almeida und das portugiesische Kochbuch «Desperdício zero nem cozinha».

Du lebst in Bern, bist aber oft in Portugal. Gibt es dort noch einen anderen Bezug zum Gemüse? Bleibt beispielsweise mehr dran an Broccoli, Blumenkohl etc.? Nutzt man mehr Teile?

Früher schon, heutzutage leider nicht. Fisch ist sehr wichtig in der portugiesischer Ernährung (nach Japan der höchste pro Kopf Konsum!). Fleisch eigentlich auch. Das war natürlich nicht immer so. Wenn ich denn frage, was hat man sonst in der Vergangenheit so gegessen, wissen die wenigsten, was das alles war. Heute gilt es ein Zeichen von ungesunder Ernährung, wenn kein Fleisch oder Fisch auf den Tisch kommt.

Was hat man denn früher für Gemüse verspeist?
Ich weiss, dass typischerweise viel Kohl verzehrt wurde (und zum Teil noch wird) – und dann natürlich alles davon. Eine der typischsten Suppen Portugals ist «Caldo Verde», mit Kohl-Streifen. Heutzutage is leider Gemüse fast überall nur Deko. Ich höre sehr oft «Was? Isst du den Salat? Das ist nur Deko!». Portugiesen essen heutzutage ihr Gemüse fast ausschliesslich in Suppenform.

Gibt es in Portugal traditionelle Rezepte mit Gemüseteilen, die wir in der Schweiz nicht nutzen?
Tatsächlich werden Blätter von fast allen Knollen getrennt auf dem Markt verkauft und die Leute schätzen dies sehr. Natürlich landen sie oft in Suppen. Eines meiner Lieblingsgerichte ist «Arroz de grelos» (Reis mit Rübstiel) – das ist sehr bitter, aber auch fein. (siehe www.pt.wikipedia.org/wiki/Grelo).

Kochst Du denn auch sonst mit speziellen Gemüseteilen?
Ein Rezept habe ich am Samstag gekocht. Vor einigen Wochen haben wir eine Entsafter-Machine gekauft (geniale Sache!). Ich habe am Freitag einen Saft aus Spinatblättern gemacht.  Und da waren dann die nährstoffreichen «Blätterresten» noch da. Am Samstag habe ich ein Rösti gebraten und habe diese Spinat-Pressreste dazugegeben, und… es war superfein!

Du bist ja Foodwaste-Experte: Ist das in Portugal ein grosses Thema?
Ja, ein sehr grosses Thema – es gibt ganz viele Initiativen aus der Zivilgesellschaft. Ich denke fast mehr als in der Schweiz. Siehe beispielsweise facebook.com/refoodportugal und frutafeia.pt.

Kannst Du ganz kurz sagen, was man in erster Linie beachten muss im Privathaushalt, um Foodwaste zu vermindern?
Nicht zu viel einkaufen, kreativ sein in der Küche und sich die Zeit nehmen. Wenn wir uns mehr Zeit nehmen zum Kochen, nehmen wir uns automatisch mehr Zeit zum Einkaufen. Dann haben wir mehr Zeit, um zu geniessen. Und wir interessieren uns automatisch für unsere Lebensmittel, wir ernähren uns besser, wir schmeissen nichts weg.

João Almeida ist Ökonom. Nach dem Studium in Portugal absolvierte er in Basel einen Master. Im Jahr 2012 gründete er mit Markus Hurschler die Foodways Consulting GmbH in Bern, die sich auf Beratungen im Bereich nachhaltige Ernährungswirtschaft mit Schwerpunkt Food Waste spezialisiert hat. Unter anderem hat João auch den Verein Foodwaste.ch ins Leben gerufen.

*Desperdício zero na cozinha, von Alexandre Fernandes, Planeta Verlag