.:Was trinken:. Lange gereift, schnell gesoffen
KOLUMNE VON BENJAMIN HERZOG UND DOMINIK VOMBACH – Weinkritiker sind nichts anderes als Nörgler: Hier passt was nicht, da steht was ab, das könnte harmonischer sein und so weiter und so fort. Ein unnötiger Beruf, denn auch der schlechteste Wein dieses Planeten wird von irgendjemandem gekauft und getrunken. Wir beide waren mal Weinkritiker und würden uns heute eher als Weinbegeisterer bezeichnen. Unabhängige Weinbegeisterer. Ein dummer Name ja, aber er triffts. In dieser Rubrik werden wir euch künftig Weine und andere Getränke vorstellen, die uns schmecken, uns nachhaltig begeistern und die wir gerne ohne Mass in uns hineinschütten – was wir unter Umständen auch manchmal tun. Den Anfang macht ein Weisswein, der unsere Grundfesten einriss, lange bevor man von der begeisternden Unfruchtigkeit von Orange Wines oder Naturweinen sprach.
Viña Tondonia Blanco Reserva 1999
R. López de Heredia Viña Tondonia, Rioja
Der Wein ist unglaublich altbacken und genau deshalb so ausgezeichnet: die Reserva Blanco von Viña Tondonia aus dem spanischen Rioja. Keine Spur von Spritzigkeit oder banaler Frucht, nein, bei diesem Wein, der aus den einheimischen Sorten Viura und Malvasia gekelertert wird, schmeckt man die Zeit, die ihm gelassen wurde. Genau 10 Jahre reifte er in den für Rioja typischen, kleinen Holzfässern aus amerikanischer Eiche. Das ist unfassbar lange, wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Weisswein heute bereits im Frühjahr des auf die Ernte folgenden Jahres im Regal steht. Wir haben also noch genau drei Monate bis der Grossteil der 2015er-Ernte verfügbar ist. Weil es der Konsument so will, sagt der Handel. Wir sind da anderer Meinung, denn viele Weintrinker wissen gar nicht, wie ein gereifter Weisswein überhaupt schmeckt und was ihnen durch die Reifung entgeht – egal ob im Fass oder auf der Flasche. Der Unterschied zwischen einem gereiften Wein wie dem Reserva Blanco und einem dieser Schnelldreher ist riesig. Schon alleine die goldgelbe Farbe. Dann der Duft nach gerösteten Nüssen, Karamell, kandierten Zitrusfrüchten und die immense Süffigkeit. Das hat mehr mit Sherry als gewöhnlichem Weisswein zu tun. Dieser Eindruck bleibt haften und auch das ist eine Besonderheit in unserer schnelllebigen Welt.
Viña Tondonia Blanco Reserva 1999 gibt es für 35 Franken bei Boucherville
**********************************
Benjamin Herzog und Dominik Vombach machen aus Wein nicht mehr als es für sie ist: das spannendste und vielfältigste alkoholische Getränk dieses Planeten. Für die beiden ist Wein dann am interessantesten, wenn er ganz anders ist, als wir ihn aus Supermärkten und Discountern kennen: nämlich ein echtes Naturprodukt, nachhaltig und handwerklich produziert. Die beiden arbeiten als Weinjournalisten, Kommunikatoren, Kursleiter und Eventveranstalter in den Bereichen Wein und Kulinarik.
www.herzogundvombach.com
.:Was trinken:. Ohne Zusatzsstoffe – keine Diskussion!
14. April 2016 @ 9:07
[…] erschienen: Viña Tondonia, ein gereifter Weisswein aus dem […]