#LeafToRoot-Werkstatt: Rhabarberblüte, ausgebacken und süss-sauer

Endlich. Ich konnte ein Dutzend Rhabarberblüten ergattern. Weil ich in alten Koch- und Botanikbüchern davon gelesen hatte, wusste ich, dass sie essbar sind. Ich habs probiert – und liebe die Dinger.

»Die kugelförmigen ungeöffneten Rhabarberblüten gelten als Delikatesse.«

U. P. Hedrick: Sturtevant’s Edible Plants of the World, 1919

Nachdem ich bei den Recherchen zu unserem «Leaf to Root»-Buch diese Stelle gefunden hatte, war ich neugierig geworden. Zuvor hatte mir schon ein Leser von waskochen.ch erzählt, dass er bei der Bäuerin Heidi Garo im bernischen Tschugg ausgebackene Rhabarberblüte serviert bekommen habe. So wusste ich: Rhabarberblüte ist offensichtlich ein Lebensmittel.

Manche Blüten aus meiner Lieferung waren noch mit Pergamenthaut geschützt …

 

In meinen historischen Büchern entdeckte ich dann weitere Rezepte, beispielsweise eines, in dem Rhabarberblüten in einer Sauce aus Mehlschwitze gekocht werden (auch probiert, schmeckt ganz gut, da die Säure einen guten Kontrast zum Cremigen hergibt, allerdings könnte man schon noch etwas dran arbeiten…).

…bei anderen waren die Häutchen schon geplatzt, die Blüten jedoch noch geschlossen.

Nun also habe ich ein Dutzend geschlossene Rhabarberblüten in mehreren Chargen erhalten, von der Familie Rinderknecht. Ich habe einige davon ausgebacken mit einem Teig (erstaunlicherweise verlieren sie die sehr dominante Adstringenz, die sie in rohem Zustand haben, fast komplett, stattdessen treten Säure und Fruchtigkeit in den Vordergrund).

Die meisten Blüten habe ich nach einer Inspiration von Daniel Achilles vom Restaurant Reinstoff in Berlin zubereitet. Er mariniert sie mit Essig, Rhabarbersaft, Zucker, Salz, Lorbeerblatt und Thymian. Aus Mangel an Rhabarbersaft habe ich mir mit Zitronensaft beholfen (ja, jetzt muss dann definitiv eine Saftzentrifuge her).

Natürlich machte ich erste Versuche wie immer mit mir selber. Mehrmals konsumierte ich die gekochten Blüten, bevor ich dann an einem Workshop bei V-Zug eine Charge Blüten mitbrachte, diese im Vacuisine-System (Vakuumierschublade und Kombi-Steamer) zubereitete und den Teilnehmern zum Verkosten gab.

Co-Referentin Christine Brugger, Sensorik-Wissenschaftlerin, hat sie ebenfalls verkostet und sagt dazu: «Sie ist etwas intensiver im Aroma, etwas blumiger und fruchtiger als der Stängel – und von der Säure scheint sie mir milder zu sein.» Wenn ich die Runde richtig interpretiert habe, so waren einige – genau wie ich – ziemlich begeistert davon.

An einem Workshop ein paar Tage später (bei Sobre-Mesa) konnte ich gleich nochmals einen Versuch machen. Auch dort gab es viele begeisterte Testesser – aber auch solche, denen das Resultat zu sauer war. Auch ich finde, dass die Säure noch zu ausgeprägt ist. Ich habe jedoch bislang auch mit einem ganz kommunen Essig gearbeitet und denke, dass man da noch einen etwas milderen nehmen könnte. Zudem würde es sich natürlich lohnen, das Rezept tatsächlich einmal mit Rhabarbersaft auszuprobieren.

Hier mein Werkstatt-Rezept, das es noch zu verfeinern gilt:

Geschlossene Rhabarberblüten süss-sauer

Zutaten:

4 Rhabarberblüten
0,5 dl Essig
1/2 Zitrone, ausgepresst
5 TL Zucker
Salz
Lorbeerblatt
Thymianzweige

Zubereitung:

Die Rhabarberblüten mit allen Zutaten vakuumieren (tiefste Stufe, sie sind filigran). Eine Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Bei 60 Grad (Steamer, Wasserbad) rund 15 Minuten kochen. Servieren beispielsweise zu Käse. Oder auch zu einem Eis.

(nach einer Inspiration von Daniel Achilles, Reinstoff Berlin)

 

AUFRUF:

Hast Du dieses Rezept gekocht? Weiterentwickelt? Kennst Du ein eigenes Rezept für Rhabarberblüten? Schreib es gern unten in die Kommentare oder schick mir ein Mail, gern auch mit Foto. Ich freue mich auf Zuwachs der Sammlung.