#Leaf to Root – New Crop: Spinatwurzel

Wenige Gemüseteile haben mich bei meiner «Leaf to Root»-Reise bislang so überrascht wie die Spinatwurzel. Bereitet man sie richtig zu, ist sie nicht nur ein Geschmacks-Abenteuer. Sie verzaubert auch mit den Texturen.

Gemüse per Post, von Stefan Brunner.

Bauer Stefan Brunner schickte mir vor einigen Wochen erstmals ein Packet mit Spinatwurzeln. Oben sieht man noch die grünen Blattansätze. Die Wurzeln sind weiss und mit vielen kleinen Nebenwürzelchen fast schon buschig. Alles in allem aber unscheinbar. Ich habe nicht sehr viel davon erwartet, wurde aber eines Besseren belehrt.

Roh erinnerten mich die Wurzeln an Zuckerrüben. Die haben wir als Kinder – wenn wir sie auf dem Bauernhof in Handarbeit von Dreck befreien mussten – jeweils gegessen; immer in der Hoffnung, dass sie wie ein Schläckstängel schmecken, weil daraus ja auch Zucker gemacht wird. Jedoch war und blieben die Zuckerrüben bei jedem Bissen ein Gemüse, wenn auch ein süsses Gemüse. Gleiches gilt für die Spinatwurzel. Meine Zuckerrüben-Assoziation kommt nicht von ungefähr, denn Spinat und Zuckerrübe sind botanisch verwandt, wie übrigens auch die Rande. Wurde also das eine Gemüse für die Blätter gezüchtet (Spinat), so hat man das andere für die Wurzel (Zuckerrübe) oder den Knollen (Rande) weitervermehrt.

Spinatwurzel frittiert.

Also könnte man ja auch Randen essen, statt mühsam Spinatwurzeln zu putzen? Nicht ganz… Was die Spinatwurzel so spannend macht, ist die Form. Eine 5 bis 20 Millimeter dicke Pfahlwurzel wird von unzähligen Mini-Würzelchen in der Erde gehalten. Wenn man die Wurzeln vorsichtig aus der Erde löst – Stefan Brunner erntet sie händisch – bleiben die kleinen Verzweigungen auch dran.

Ich habe mich daran erinnert, dass mir Bauer Marko Seibold aus Syke bei Bremen bei meinen Recherchen für das Buch «Leaf to Root» von Haferwurzeln erzählte, die einer seiner Köche jeweils Sousvide gart, dann in Butter anbrät. Dadurch würden die kleinen Nebenwürzelchen so knusprig. Genau so habe ich darum auch die Spinatwurzeln zum ersten Mal gekocht: mit Butter und Salz vakuumiert und im Steamer gegart. Dann ab in die Bratpfanne. Vom Resultat war ich dann ziemlich begeistert: Innen ist die Wurzel mürb-süss, aussen betören knusprige Fäden die Geschmackspapillen. Wie man das isst? Ich schlage vor: von Hand!

Blanchiert, angebraten, frittiert. Spinatwurzeln in meinem Küchenlabor.

Spitzenkoch Sven Wassmer erzählte mir dann, dass auch er Spinatwurzeln kocht. Er blanchiert und frittiert sie danach – was ich umgehend probierte. Auch da: tolles Resultat. Von einem Freund bekam ich dann ein Handy-Föteli, das zeigte, dass auch Fabian Fuchs vom Restaurant Equi-Table in Zürich die Spinatwurzel auf den Teller bringt. Er frittiert die Wurzeln roh, ohne vorheriges Blanchieren. «Einfach bei 160 Grad ins Öl, rund zwei Minuten», schreibt er mir.

Fuchs serviert die Knusperteile als Apero, abgeschmeckt mit dem Gras-Gewürz von Klaus Böhler (entwickelt von Pascal Haag, ja, genau, Ex-Hiltl-Rezeptentwickler, aber vor allem Rezeptautor für das Buch Leaf to Root;-), auf einer Kräutercrème.

Ob anbraten oder frittieren: Ihren vollen Charakter entfalten die Spinatwurzeln, wenn die äussersten, kleinen Härchen knusprig sind, die Wurzel innen aber weich bleibt. Das kann keine Rande – und darum liebe ich die Spinatwurzel.

Übrigens: Wie putzt man die Wurzeln am besten? Ich habe es bei verschiedenen Gemüsen, die ich für Leaf to Root schon verkocht habe, so gemacht: Grosses Holzbrett in den Ausguss legen, die Wurzeln drauf und dann auf dem Brett gut bürsten, in Richtung Wurzelspitze. Geht bei der Spinatwurzel, mit etwas Übung, ganz einfach!

Putzen mit der Bürste.

Ich bin gespannt, welche Rezepte zur Spinatwurzel noch auftauchen. Wer sich selber daran probieren möchte: Stefan Brunner kann sie den ganzen Winter über liefern, für CHF 20 das Kilo (von Hand geerntet, hat darum seinen Preis). Und wenn Du einen Tipp, ein Rezept dazu hast: gern in die Kommentare oder ein Email an mich!