Die perfekte Weihnachtsgans

Bislang hatte ich keinen kulinarischen Weihnachtsbrauch – eigentlich war ich immer unterwegs. Doch spätestens mit Kind, ich gebs zu, habe ich mich danach gesehnt. Und, ich habe mein neues Weihnachtsmenu gefunden: die Weihnachtsgans.

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Für einen Artikel im Tages-Anzeiger verrieten mir die Fiechter-Schwestern – die Geflügel- und Fleisch-Expertinnen sind jeweils freitags auf dem Helvetiaplatz-Markt und samstags in Oerlikon – wie man den perfekten Gänsebraten zubereitet. Ich war so begeistert, dass ich mir gleich ein Gans bestellt habe. Aber Achtung: Die Fiechter-Gänse sind nach dem Artikel schon ausverkauft. Weitere Bezugsquellen siehe ganz unten.

Hier der ganze Artikel:

Oh du fröhliche Weihnachtsgans
Gänse sind begehrt wie seit langem nicht mehr. Die Marktfahrerinnen der Familie Fiechter verraten ihr bestes Rezept.

Schon wieder Fondue chinoise wie letzte Weihnachten? Noch einmal Filet im Teig? Auf der Suche nach einem anderen Weihnachtsmenü stiess ich auf die Gans. Vor allem von der Freilandgans las ich immer mal wieder. Gänse seien in den letzten zwei, drei Jahren viel begehrter geworden, sagen drei, die es wissen müssen: die Fiechter-Schwestern.

Die drei fahren jeweils freitags auf dem Zürcher Helvetiaplatz und samstags in Oerlikon zu Markte, ihre Geflügel- und Fleischspezialitäten sind stadtbekannt. Dieses Jahr, sagen sie, werde das Angebot an Gänsen kaum reichen, um die Nachfrage zu decken. Auch wegen der Deutschen, die hier wohnen: Bei denen hat der Gänsebraten Tradition.

Eine gute Gans verlangt Geduld

Die Fiechterinnen, wie sich die Marktfrauen selber gerne nennen, willigten ein, den perfekten Gänsebraten vorzukochen – ein Gericht, bei dem man grandios scheitern kann. Meine erste eigene Erfahrung damit: ein zäher, trockener Vogel, ein halber Liter Fett im Bräter, eine Wohnung, die tagelang roch. Ich traf die Schwestern zum Braten in Volketswil, ihrem Firmen- und Wohnsitz inklusive Gemeinschaftsraums mit Gastroküche. Hier feiern sie mit ihren Kindern und Enkeln Weihnachten.

Bei der Ankunft brutzelt bereits eine Gans im Ofen, die rechtzeitig für den Fototermin parat sein wird. «Eine Gans braucht Zeit», sagt Hanna Fiechter. «Rund fünf Stunden sollte sie im Ofen sein, dafür bei nur 120 Grad.» Damit verrät die Geflügelspezialistin das wichtigste Geheimnis für eine saftige Gans. Brät man sie nämlich zu heiss, läuft das Fett heraus.

Eine einfache, leichte Füllung

Während die eine Gans im Ofen brutzelt, wird die zweite zubereitet. «Unser Rezept ist so einfach, dass es jeder kochen kann», sagt Lisa Fiechter. «Eine Gans braucht keine mastige Füllung, sie hat ja selber genug Geschmack.» Wir schneiden Zwiebeln, Äpfel, ein Stück Brot, vermischen es mit Salz, Pfeffer, Kümmel und getrocknetem Beifuss. Findet man keinen Beifuss, kann man Majoran verwenden. Dank seiner Bitterstoffe hilft der Beifuss jedoch bei der Verdauung – eine Gans ist tendenziell schwere Kost.

Das Tier, das vor uns liegt, hat nicht sehr viel Fett – wohl auch deshalb, weil es eine Weidegans ist. Fiechters verkaufen ausschliesslich Freilandgänse. «Die Tiere müssen grasen können, alles andere ist Tierquälerei», sagen sie. Unserer Gans haben sie Kragen, Bürzel und Flügelspitzen abgeschnitten – diese werden geröstet und für die Sauce verwendet. Nun stopfen wir die Gans mit der Füllung, nähen die Öffnung zu und füllen den Bräter mit heissem Wasser. So schieben wir den Vogel in den Ofen. Derweil die Gans brutzelt, wenden sich die Schwestern der Sauce zu. Ansonsten gilt es zu warten «oder Prosecco zu trinken», meinen sie. Auch deshalb sei der Gänsebraten ideal für Festtage! Sie selber schieben an Weihnachten keine Gans ins Rohr. «Wir kochen nur dann eine Gans, wenn nach dem Markt eine übrig bleibt.» An Weihnachten haben sie ihre eigene Tradition: geräucherte Zunge, in Gerstensuppe gekocht, wie sie schon die Mutter machte. «Und bloss nicht den Dampfabzug anstellen», wirft Mirjam Fiechter ein. «Es muss duften, sonst ist keine richtige Weihnacht.»

Salzwasser macht knusprig

Unsere Gänse duften sehr weihnachtlich – so ganz anders als damals, bei meinem ersten Versuch. Nach knapp fünf Stunden im Ofen ist die erste fast bereit. Nun verraten die Fiechterinnen den letzten Trick für den perfekten Braten: die Gans mit Salzwasser bepinseln und dann unter dem Grill bräunen, für eine wunderbar knusprige Haut.

Wir essen das Fleisch einzig mit der unpassierten Sauce und der Füllung als Beilage. Man könne natürlich auch Reis dazu servieren, sagen die Köchinnen, oder Knödel kochen, wie das die Deutschen tun. Nötig ist das allerdings nicht. Das Resultat, so wie es nun auf dem Teller liegt, ist ein Genuss. Unter der knusprigen Haut das kräftige Fleisch. Dazu die süsssaure Füllung mit der bitteren Note des Beifusses – ein Gericht, das in Erinnerung bleibt.

Rezept

Weihnachtsgans Für 4 bis 6 Personen, von Fiechter Geflügel- und Fleischspezialitäten

Zutaten für die Gans

1 Gans (ca. 3-4 kg)
2 grosse Zwiebeln, geschält
2 säuerliche Äpfel, entkernt
1 Scheibe Schwarzbrot
1-2 Beifusszweige*
½ TL schwarzer Pfeffer, grob gemahlen
½ TL Kümmel
2 Lorbeerblätter

Salz

Holzstäbchen, Schnur

Zubereitung:

1. Gans innen und aussen kalt abspülen, trockentupfen. Bauchfett abtrennen. Flügelspitzen, Kragen und Bürzel abschneiden, kleinhacken. Knochen auf einem Blech verteilen (evtl. zusätzliche Geflügelknochen kaufen) und im Ofen bei 200 Grad rösten, gelegentlich wenden, nach 30 Min. mit 2 dl Wasser ablöschen und beiseitestellen. Den Ofen auf 120 Grad Umluft runterschalten.

2. Für die Füllung Zwiebeln, Äpfel und Brot grob würfeln, mit den Gewürzen vermischen und mit Salz abschmecken. Gans innen und aussen salzen, mit der Masse füllen und mit Holzstäbchen und Schnur verschliessen.

3. Die Gans in eine grosse Braisière oder ein tiefes Backblech auf den Bauch legen. Fett darüberlegen und 1 Liter heisses Wasser unter die Gans giessen. Im Ofen ohne Deckel ca. 2½ Std. garen. Dabei öfter mit der Bratflüssigkeit übergiessen. Einmal wenden und 2 Std. weitergaren, bis das Schenkelfleisch beim Hineinstechen weich ist (kann auch etwas länger dauern).

4. Bratfett der Gans abschöpfen, sammeln und kühl aufbewahren (Delikatesse zum Braten und Kochen).

5. Den Ofen auf Grillfunktion schalten. 1 TL Salz mit 4 TL heissem Wasser verrühren, Gans damit bepinseln und während 15 Min. knusprig backen. Gans in dieser Zeit mehrmals bepinseln.

Zutaten für die Sauce

1 Zwiebel, geschält
1 Karotte, geschält
¼ Knollensellerie, geschält
wenig Pflanzenöl
wenig Tomatenmark
3 dl kräftiger Rotwein
1 gehäufter EL Mehl
1 Liter Geflügelbrühe
1 Beifusszweig*
2 Lorbeerblätter
1 TL schwarzer Pfeffer, ganz
½ TL Wacholderbeeren
½ TL Pimentkörner
1 Bio-Orange (Schale)

Zubereitung:

1. Zwiebel, Karotte und Sellerie klein schneiden. Mit wenig Öl in einer grossen Pfanne rösten. Geröstete Knochen (siehe Zubereitung Gans) und Tomatenmark kurz mitrösten. Mit 1 dl Wein ablöschen, einreduzieren, diesen Vorgang zweimal wiederholen. Mit Mehl bestäuben.

2. Mit Knochenjus und Brühe aufgiessen und 1 Std. köcheln. Evtl. etwas Jus von der Gans dazugeben.

3. Gewürze dazugeben und eine 1 Std. weiterköcheln (Fett abschöpfen, bei Bedarf noch mehr Jus dazugeben).

4. Orangenschale (ohne das Weiss) in feine Streifen schneiden, dazugeben und 5 Minuten einreduzieren.

Bei Bedarf die Sauce absieben. Man kann sie aber auch unpassiert essen. Dazu einfach die Knochen entfernen.

* Entweder getrockneten, grob zerriebenen oder gemahlenen Beifuss verwenden. Wenn Beifuss nicht erhältlich ist, Majoran verwenden.

STICHWORT WEIDEGÄNSE

Schweizer Weidegänse sind ein rares Gut – doch das Angebot wächst von Jahr zu Jahr. Im Gegensatz zu Mastgänsen, die nur rund zwölf Wochen leben, werden Weidegänse ein halbes Jahr im Freien gehalten, bis sie schlachtreif sind. Eine einmalige Spezialität sind Alpgänse von der Mörschwiler Geflügel Gourmet AG, die es heuer zum dritten Mal gibt; sie grasen im Sommer auf einer Alp. Weide- oder Alpgänse gibt es in Zürich an folgenden Orten:

Geflügelfarm Schönholzer, Wädenswil, 044 781 26 55: eigene Weidegänse. MarktBürkliplatz am Freitag, Lindenplatz und Wädenswil am Samstag.

Braschler’s Comestibles, Zürich, 044 444 10 20: Weidegänse aus Frankreich.

Und wer sich heuer keine Weidegans mehr sicher kann, hat 2013 noch diese Anlaufstellen (alle drei Betriebe können 2012 keine Reservationen mehr entgegen nehmen):

Familie Fiechter, Volketswil, 044 945 42 08: Weide- und Alpgänse aus der Schweiz und aus Frankreich. Markt Helvetiaplatz am Freitag, Markt Oerlikon am Samstag.

Wendelin Biohof, 5524 Niederwil: www.wendelinhof.ch
Alfred von Escher, Erligatterweg 8, 8038 Zürich: www.alfredvonescher.ch
Füllung mit Beifuss.
Füllung mit Beifuss.
Verschliessen mit Stäbchen, diese dann umschnüren.
Verschliessen mit Stäbchen, diese dann umschnüren.
Lisa, Mirjam und Hanna Fiechter in der Küche.
Lisa, Mirjam und Hanna Fiechter in der Küche.
Heisses Wasser unter die Gans giessen.
Heisses Wasser unter die Gans giessen.
Mit Salzwasser bepinseln und unter dem Grill bräunen.
Mit Salzwasser bepinseln und unter dem Grill bräunen.

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